Tomila 31. Okt. 2004

(Vorbereitung, Tips und Taktik von HP.Oswald)

Nach 2 Jahren Pause endlich wieder ein Tomila (Langstrecken OL mit Massenstart) und erst noch als nationaler OL!

Name: Tomila kommt aus Schweden und heisst 2 schwedische Meilen, d.h 20 km.

Vorbereitung: Vor 2 Wochen am letzten nationalen OL lief ich mit der 1. Startnummer und gesundheitlichen Problemen schlecht. Darum als kleiner Test am Wochenende vorher am Samstag ein Start am Glarner OL bei H35. Der Lauf mit einem Sieg an diesem wunderschönen Herbsttag mit einer phantastischen Kulisse (Berge) hob meine Moral beträchtlich. Am Sonntag dann knapp 15 km langsamer Dauerlauf in der farbigen Moorlandschaft südöstlich Wetzikon mit gewaltigem Alpenpanorama. Dann waren 4 Tage beruflicher Aufenthalt in Deutschland angesagt: 2x 45 Min. Training mit einigen Hügelsprints morgens um 7:00 vor dem Frühstück! Am Freitag zuhause 60 Min. langsamer Dauerlauf und am Samstag noch 30 Min. Einlaufen mit kleinen Steigerungsläufen.

Wettkampfvorbereitung: Am Morgen das bewährte Müesli mit Tee 3 Std. vor Startzeit. Bis zum Start noch 0.5 l süsser Pfefferminztee mit 200 mg Magnesium (soll Krampf vorhindern). Lockeres Einlaufen teilweise im Gelände. Der Start ist genau dort, wo ich mir das nach intensivem Studium aller früheren Läufe vorgestellt hatte (und nicht dort wo uns die Skizze des Organisators weismachen wollte!). Die Route durch den Graben in den von mir erwarteten Raum zum 1. Posten hatte ich mir auf der Karte der SOW2003 eingeprägt. Diese laufe ich in Gedanken nochmals ab.

Lauf: Start 11:00, ich habe Probleme bis ich den 1. Posten auf der Karte sehe. Meine vorgesehene Route ist möglich, vermutlich jedoch nicht die schnellste. Es fällt mir darum nicht ganz leicht nach 300m links abzubiegen, wenn duzende vor mir gerade weiterlaufen, auch ein Piz Hasi Dress (Kurt Baumann). Nur noch eine Juniorin läuft vor mir kraftsparend alles auf Wegen (Trick 1 zu Beginn eines Tomila). Denn Graben schaffe ich ohne marschieren (!) und 200 m vor dem 1. Po. sehe ich die ersten Läufer von der rechten Route. Im Postenraum habe ich Probleme mit der Karte und fange mich erst auf, als ich hinten die Strasse sehe. Beim Zurücklaufen kommt mir die ganze Konkurrenz entgegen.


Bis zu Po 2 überhole ich locker über 10 Läufer und halte mich auf meiner abwartenden Lieblingsposition für den Laufbeginn (Platz 3). Den "Blocher" Fritz Rufer lasse ich wegziehen, da es mir nicht sinnvoll scheint, ein unnötig hohes Tempo anzuschlagen.

Po 5 liegt im "Grünen", ich laufe langsamer und lasse die beiden ersten des Jahresklassementes (Franz Wyss, Ernst Baumann) aufschliessen. Gemeinsam haben wir den Posten auf sicher und siehe da, Fritz kommt uns später mit recht ratlosem Gesicht entgegen.

Zu Po 6 wählt Franz einen kleinen Weg (mit einer Querroute zum Po), was mir taktisch bei dem weichen Boden sehr unklug erscheint. In Gedanken "Tschau Franz" und weiter locker auf Strassen (gemäss Trick 1). Die Route ist zwar weiter aber sicher schneller. Einzig Heinz Blankenhorn und Sepp Fuchs (Ex Rad-Profi) laufen bei mir vorne. Wie erwartet liegen wir bei Po 6 an der Spitze und ich wende für Po 7 Trick 7 an (abwarten und hinten wegschleichen). Heinz und Sepp wählen die Route durch 1-2 Gräben und ich biege dahinter unbeobachtet auf eine längere, dafür leicht abfallende und damit schnelle Strassenroute. Dabei kann ich mir den Weg bis Po 10 einprägen.


Zu Po 7 noch ein ruppiger Aufstieg und ich liege an der Spitze wie ich später mit einem Blick zurück feststelle. Ich will noch nicht allein laufen und werde etwas langsamer bis 3 Läufer aufschliessen. Bei Po 9 trinke ich in Ruhe einen Tee und stelle fest, dass meine Favoriten etwas Rückstand haben.


Zu Po 10 wähle ich den gleichen Weg wie zu Po 2 und schlage ein hohes Tempo an. Dabei kann ich das Routenwahlproblem zu Po 11 genau studieren. Vor Po 10 noch rasch Trick 6 (etwas falsche Richtung wählen, langsam werden und hinten wegschleichen). Fritz und Sepp verschwinden tatsächlich im Gebüsch im falschen Graben! Wegen einem Dickicht (nicht auf Karte ersichtlich) muss ich einen Umweg machen, sodass Sepp und Co. wieder aufschliessen.

Nun kommt die Entscheidung zu Po 11, die Umlaufroute auf der Strasse erscheint verlockend, hat jedoch nur 15m weniger Steigung bei ca. 350m mehr Weg als mein Plan. Ich warte ab bis der Wald gut belaufbar erscheint und steche voll in die ruppige Steigung. Ein Blick zurück, niemand folgt mir. "Tschau Kollegen". Ich ziehe voll durch, weil ich weiss, dass ich mich auf dem abfallenden Teil erholen kann. An der nächstem Kreuzung ein Blick auf die Umlaufroute, niemand zu sehen, mindestens 200m Vorsprung! Nun muss ich mich konzentrieren. Po 11 liegt heikel. Auf der Karte ist neben der Strasse ist alles weiss, ich sehe nur "grün" und stelle vorsichtshalber den Kompass. Vor dem Po rette ich noch 3 unsichere D18 Läuferinnen, was meine Moral hebt.


Zu Po 12 Sicherheitsroute, trotzdem falsche Schneise. minimer Zeitverlust. Zwischenverpflegung beim Strassenübergang. Ich trinke ruhig einen Tee, weit und breit kein Gegner zu sehen (Von Brigit habe ich gehört, dass hier später eine Schlange entstand, weil die Helfer zu lange brauchten um die Becher zu füllen!).

Die aufwärts führende Schneise, die ich zu Po 13 wählen will, ist noch unpassierbar wegen der hohen Dornen, ich muss mich links davon durch ein "2er Grün" kämpfen. Dann sehe ich oben an der Lichtung den Po von weitem: Kennzahl 101.

Die Route zu Po 14 habe ich schon studiert, also lerne ich noch die nächsten 3 Postenkennzahlen (sind nur auf der Karte!). Kurze Zeit später weiss ich nur noch 2. Also nochmals ein Blick auf die Postenbeschreibung und dann kommt die grosse rote Lampe: Alle Nummern sind 2 stellig!! Zurück zu Po 13, tatsächlich 101 statt 44. Falsche Nummer? Kaum, es könnte sein, dass der richtige 30m südlich liegt. Tatsächlich da steht er versteckt in den kleinen Tännchen. Wauhh, Glück gehabt!! Wieder bei 101 sehe ich unten alle meine Gegner auftauchen, worauf Trick 3 angesagt ist (Zur Verwirrung den Badge in die falsche Einheit stecken). Dies ist zugegeben etwas fies, aber durchaus erfolgversprechend, wie ein Blick zurück zeigt (sicher 5 Läufer konsultieren etwas ratlos die Karte), mindestens einer ist hereingefallen und folgt mir. Po 14 laufe ich perfekt an.(Die SOLV Grafik zeigt hier steil nach oben, auf 6 Min. war ich 30 s schneller als alle anderen. Glücksgefühl wegen Po 13?).

Auch Po 15 perfekt. Die restlichen 4 Po scheinen mir einfach und ich bin sicher die Tomila zu gewinnen, da ich noch völlig locker schnell laufen kann.

Zu Po 18 will ich die "grünen Striche" umgehen. Dies gelingt nicht und ich verliere in hüfthohen Dornen 30 s. Dadurch bin ich mit dem "Fehlstempler von Po 13" am Posten. Obwohl nicht nötig, greife ich zum letzten Po nochmals in die Trickkiste, zuerst Nr. 6 (siehe Po 10) und dann Trick 2 (volles Tempo auf der auswendig gelernten Route, sodass der Gegner nur noch anhängen aber ohne Zeitverlust keine eigene Route wählen kann).

Im Zieleinlauf (25 m Steigung) frage ich mich plötzlich, weshalb ich mich eigentlich noch beeile?

Im Ziel: Gewonnen ... Ich bin nicht müde und sicher, dass ich leicht 5 Min. schneller laufen könnte. Das war diesmal nicht nötig und darum konnte ich den OL richtig "geniessen". Die Tomila ist und bleibt mein Lieblingslauf!

Statistik: Dies war mein 11 Sieg von 20 Läufen ab H35. Hier noch einige "Highlights" aus meinen 33 Tomilas:

 

Jahr

Luftlinie

Lauf-strecke

Steigung

Zeit

Wald

Längste Zeit *

1968

22.5

28.9

990

3:33:31

Frienisberg

Schnellste

(3.84Min/Lkm)

1973

19.3

22.7

690

1:54:14

Frienisberg

Längste (km)

1977

25.5

29.9

1140

2:47:00

Schleumen-Grauholz-Zollikofen

Grösste Steigung

1981

21.8

27.3

1165

2:35:28

Bantiger-Grauholz

Brutalste

1995

9.7

13.8

800 (!)

1:42:12

Bantiger

Kürzeste Zeit

2004

10.9

13.5

400

1:22:24

Eschenberg


* Dies war gerade meine erste Tomila bei H21 !

Die nächste Tomila ist wieder ein nationaler OL. Die Basis dafür legt man im nächsten Winter. Ich "mache" Mitte Dez. bis Ende Feb. die meisten km mit Langlaufskis, üblicherweise 3x/Woche etwa 18-25 je Training (bei guten Schneeverhältnissen in den Ferien im Goms gelegentlich bis knapp 40). Von überlangen Trainings halte ich nichts.

HP